Barrierefreier Umbau – Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen nach Schlaganfall

Menschen, die nach einem Schlaganfall leben oder pflegebedürftig sind, wünschen sich oft: zuhause bleiben und trotzdem sicher, selbstständig und komfortabel leben. Ein barrierefreier Umbau hilft dabei – mit wohnumfeldverbessernden Maßnahmen, die die Pflege erleichtern, die Lebensqualität erhöhen und die Eigenständigkeit fördern. Für Schlaganfallpatienten mag es bereits ein Erfolg sein, wenn Sie ihr Frühstücksbrot selber schmieren können und man Ihnen nicht alles abnimmt nach dem Motto “wer rastet, der rostet”.

In diesem Ratgeber erfahren Sie:

  • was unter wohnumfeldverbessernden Maßnahmen (WUMA) genau verstanden wird
  • welche Voraussetzungen gelten und wie hoch der Zuschuss ist
  • wie Sie effizient mit Ihrer Pflegekasse kommunizieren
  • wie Sie Umbauten in Eigenleistung handhaben und welche Kosten gelten
  • ein konkretes Beispiel, was bei uns umgesetzt wurde und was die Krankenkasse bezuschusst hat

Was sind wohnumfeldverbessernde Maßnahmen?

Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen sind bauliche und technische Anpassungen am Wohnraum, die nötig sind, damit Pflege zuhause möglich wird, Pflege erleichtert wird oder die Selbstständigkeit der betroffenen Person gefördert wird. Sie sind in § 40 Abs. 4 des Elften Sozialgesetzbuches (SGB XI) geregelt und werden von der Pflegekasse bezuschusst. pflege.de+2BARMER+2

Typische Maßnahmen sind:

  • Badezimmeranpassungen, z. B. Einbau einer bodengleichen Dusche, Entfernen hochgelegener Badewannen, rutschhemmende Bodenbeläge, Haltegriffe.
  • Türverbreiterungen, schwellenfreie Übergänge, Rampen, Treppenlifte oder Plattformlifte. Hierunter zählt auch der Haus/Wohnungseingang, bspw. der Bau einer Rampe oder das Höherlegen einer Terrasse.
  • Umgestaltung von Arbeitsflächen (z. B. unterfahrbare Küchenbereiche, absenkbare Hängeschränke) entsprechend der persönlichen Bedürfnisse.
  • Sicherheit und Orientierung, , barrierearme Wege im Haus oder vor der Wohnungstür.

Was nicht bezuschusst wird:

  • allgemeine Modernisierungsmaßnahmen wie Wärmedämmung, Schallschutz, Heizungsaustausch, neue Möbel ohne besonderen Pflegebezug, Bodenbeläge die rein optisch sind, Tapezieren oder Malern, Leuchten mit Sensor, Ausstattung wie Waschmaschine oder Kühlschrank.
  • Maßnahmen, die kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Pflegebedarf haben.

Voraussetzungen & Budget

Damit die Pflegekasse für einen barrierefreien Umbau zahlt:

  1. Pflegegrad
    Es muss bereits ein Pflegegrad (1 bis 5) vorliegen.
  2. Ziel der Maßnahme
    Die Maßnahme muss die Pflege ermöglichen, erleichtern oder die Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person fördern.
  3. Kostenvoranschlag / Antrag vor Beginn
    Der Zuschuss sollte vor Beginn der baulichen oder technischen Veränderungen beantragt werden.
  4. Höhe des Zuschusses
    • Maximal 4.180 Euro je Maßnahme und je pflegebedürftige Person. Diese Formulierung ist in der Regel irreführend – als Maßnahme wird bspw. der erstmalige Umbau der Wohnung gesehen und nicht Maßnahme 1 Dusche, Maßnahme 2 Küche, etc!
    • In Haushalten mit mehreren Pflegebedürftigen kann der Zuschuss bis 16.720 Euro betragen (je bis zu 4 Personen x 4.180 €).
    • Der Betrag ist gleich, unabhängig vom Pflegegrad (1–5).

Effektive & effiziente Kommunikation mit der Pflegekasse

Damit Ihr Antrag auf wohnumfeldverbessernde Maßnahmen schneller genehmigt wird und alle Beteiligten Klarheit haben, helfen diese Tipps:

  • Kostenvoranschläge sammeln: Holen Sie mindestens zwei Angebote ein – das zeigt, dass Ihre Planung realistisch ist.
  • Dokumentation der Ist-Situation: Machen Sie Fotos von den Schwellen, Türen, ehemals genutzten Wegen etc. Beschreiben Sie, warum z. B. eine Türverbreiterung nötig ist (Rollstuhl, Gehbehinderung).
  • Ärztliche Bescheinigung beilegen: Ein Bericht des Arztes/der Ärztin oder Therapeuten, dass die Maßnahme medizinisch erforderlich ist, ist hilfreich.
  • Genaue Beschreibung der Maßnahme: Was genau soll gemacht werden? Welche Maße, Materialien, technische Hilfen? Je präziser, desto besser.
  • Klärung vorab bei Vermieter oder Eigentümer: Bei Mietwohnungen Zustimmung des Vermieters einholen, wenn Veränderungen an der Bausubstanz vorgenommen werden.
  • Frühzeitiger Antrag vor Umbeginn: Sobald Sie wissen, was Sie umbauen möchten – Antrag stellen, Angebote und Pläne fertig haben. Nachträgliche Genehmigung ist schwieriger.
  • Nutzung aller Beratungsangebote: Pflegeberatung, Pflegestützpunkt, Barmer oder Kassenkundenberater – viele Kassen bieten kostenfreie Beratung zur Wohnumfeldanpassung. Barmer z. B. mit dem PDF „Veränderung des Wohnbereiches barrierefrei“.

Eigenleistung – was gilt und wie Sie Kosten geltend machen können

Wenn Sie Teile der Arbeit selbst durchführen oder Angehörige/ehemalige Handwerker etc. mit einbeziehen, gilt:

  • Materialkosten sind meist förderfähig, wenn sie klar mit der Maßnahme in Verbindung stehen (z. B. Fliesen, Haltegriffe, Spiegel, Scharniere).
  • Arbeitskosten von Fachfirmen werden komplett oder anteilig übernommen, sofern notwendig. Für Eigenleistung (z. B. Abbau einer Tür oder Mithelfen beim Streichen) wird selten ein „Lohn“ anerkannt, aber Mehrkosten durch Sonderanforderungen (z. B. Tür mit besonderen Anforderungen oder spezielle Materialien) werden berücksichtigt.
  • Wenn Sie in Eigenleistung arbeiten, dokumentieren Sie alles besonders sorgfältig: Materialrechnungen, Fotos vor/nachher, Zeiterfassung ggf. sowie Ihrer Eigenleistung. Schreiben Sie klar auf, welche Arbeit genau gemacht wurde und warum sie notwendig war.
  • Nachweis gegenüber der Pflegekasse: Auch Eigenleistung muss nachvollziehbar sein. Es kommt vor, dass Pflegekassen Eigenleistung nur dann anerkennen, wenn die Maßnahme fachgerecht und ordnungsgemäß ist oder eine Fachfirma zumindest Teile geprüft / abgenommen hat.

Beispiel: Unser Umbau & die Zuschüsse der Krankenkasse / Pflegekasse

Um zu zeigen, wie das in der Praxis aussehen kann, hier unser konkretes Beispiel:

Brigitte (Pflegegrad 2) war nach der Reha für 6 Monate bei ihrem Bruder in dessen Haus. Mit der fortschreitenden Besserung ihrer Gesundheit und zur Förderung ihrer Selbstständigkeit beschlossen wir den Umzug in eine Einliegerwohnung bei ihrer Schwester. Diese Mini-Wohnung musste barrierefrei(er) gestaltet werden.

Geplante Maßnahmen & Kosten:

  • Einbau einer bodengleichen Dusche
    • Kosten ca. 300€ inkl Verbrauchsmaterial. Bestellung der Wanne über Ebay.
  • Einbau von Duschhaltegriffen, Austausch Duschbrausestange, Armaturschieber mit Einhandbedienung
    • Kosten bei 900€ (Keuco Plan Care). Achtung: Laut meiner Recherche sind alle Spezial-Duschhandlaufsysteme Bestellware, d.h. müssen vom Händler oder Sanitätshaus erst beim Hersteller bestellt werden. Rechnet bitte mit 3 Wochen Lieferzeit. Meine persönliche Empfehlung für einen vertrauenswürdigen Online Shop wäre Reuter.
  • Austausch Duschtüre mit klappbaren Duschvorhang
    • Kosten bei 350€. Aufgrund des geringen Platzes in der Dusche wollten wir keine Glastüre mehr und haben uns für einen mobilen (mit Saugnäpfen) Sicht- und Spritzschutz der Firma Roth Mobeli entschieden. Leider extrem überteuert, aber die einzige mobile Lösung am Markt. Vor Bestellung bitte die Duschbreite mit den verstellbaren Breiten von Roth Mobeli vergleichen. Die Lösung eignet sich insbesondere, wenn der Pflegedienst zum Duschen & Waschen kommt.
  • Bodengleicher Zugang zur Wohnung mittels einer Terrassen-Lösung, d.h. Gitterroste
    • 5 X Gitterroste à 1200cm x 1000cm à 150€ pro Stück, sowie Holz aus dem Baumarkt. Die großen Gitterroste kann man u.a. gut auf Ebay Kleinanzeigen oder beim lokalen Spengler/Trockenbauer erhalten.
  • Klappbare Küchenarbeitsplatte
  • Umzug Pflegebett und Bewegungstrainer (da nur vom Sanitätshaus geliehen, mussten wir das Sanitätshaus beauftragen)
    • Kosten bei ca. 300€ bei Fahrtzeit von 30min von alter zu neuer Wohnung

Eigenleistung & Material:
Wir hatten etwas Zeitdruck und mussten Renovierung und Umbau innerhalb von 4 Wochen bewerkstelligen. Eine Anfrage bei diversen Handwerken ergab immer das gleiche Bild: 2-4 Monate Vorlauf. Somit mussten wir die Umbauten komplett in Eigenleistung, d.h. auch über Bekannte managen.

Zuschüsse & Kostenübernahme durch Barmer/Pflegekasse:

  • Alle oben genannten Punkte: Dusche, Duschhandläufe, Terrasse/Rampe, Küchenarbeitsplatte klappbar, Umzug Pflegebett.
  • Fahrtkosten für die Helfer mit 30 Cent / km. Hier könnt ihr meine Vorlage herunterladen. Wichtig: Wir haben die Fahrtkosten an unsere Helfer überwiesen und dann im Nachgang die Erstattung seitens der Pflegekasse erhalten. Übernachtungen hätte man selbstverständlich auch ansetzen können. Hier könnt ihr auf meine Vorlage zugreifen.
  • Der Antrag wurde vor Beginn gestellt, ohne Kostenschätzung. Die Pflegekasse gibt ohnehin das gesamte Budget erstmal frei.
    Wichtig: Ausführliche Fotodokumentation der unrenovierten Wohnung (Eingang, Dusche, Küche, etc).

Was nicht gefördert wurde:

  • Lohnkosten (unseren Helfern konnten wir über das Budget keinen Lohn auszahlen).

Bei einigen Umbauideen war ich trotz Recherche nicht sicher, ob die Kosten übernommen werden. Hier habe ich mich dazu entschlossen, jeweils einen konkreten Kostenvoranschlag vorab freigeben zu lassen.


Hinweise & FAQ – Häufige Fragen

F: Kann ich den Zuschuss auch erhalten, wenn ich kein Eigentümer bin?
A: Ja, auch Mieter haben Anspruch. Allerdings brauchen Sie meist das Einverständnis des Vermieters bei Veränderungen, die bauliche Veränderungen betreffen. Bitte dokumentiert den Einzug, bspw. über Mietvertrag, Wohnungsgeberbestätigung, oder Meldebescheinigung.

F: Wird der Zuschuss erhöht, wenn mein Pflegegrad steigt?
A: Nein, dem Gesetz nach bleibt der Höchstbetrag pro Maßnahme gleich (4.180 Euro), unabhängig vom Pflegegrad. Aber: Ein erhöhter Pflegegrad kann eine neue Maßnahme begründen, sofern sich die Pflegesituation ändert (bspw. konnte man sich vorher selber waschen, jetzt bedarf es die Unterstützung durch einen Pflegedienst)

F: Was passiert, wenn ich den Antrag erst nach dem Umbau stelle?
A: Das Risiko besteht, dass die Pflegekasse die Maßnahme nicht anerkennt, weil der Ursprungszustand nicht mehr dokumentierbar ist. Machen Sie das nicht!


Fazit

Ein barrierefreier Umbau kann das Leben nach einem Schlaganfall deutlich erleichtern: er schafft Bewegungsfreiheit, Sicherheit und ermöglicht Pflege zuhause. Mit einem Pflegegrad, guter Dokumentation und Kommunikation mit der Pflegekasse sind Zuschüsse möglich – bis zu 4.180 Euro pro Maßnahme. Eigenleistung und gut vorbereitete Anträge helfen dabei, Kosten zu senken und die Chancen auf Genehmigung zu erhöhen.

Wenn Sie konkrete Fragen haben oder Hilfe beim Antrag brauchen: Nutzen Sie die Beratung Ihrer Pflegekasse (z. B. Barmer) oder eines Pflegestützpunkts – dort bekommen Sie oft individuelle Unterstützung.

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